Notizen eines Sommers

Der dritte Sommer in der Großstadt. Ich habe das Gefühl, ich schwebe durch die Tage. Verblendet vor Euphorie.

Es wird grün, die Bahn fährt auf der Brücke vorbei, ich atme die warme Luft ein und trete in die Pedale meines Fahrrads. Nach der Kurve strecke ich die Arme nach links und rechts. Der Fahrtwind streicht durch meine Haare, ich ziehe meine Sonnenbrille auf. Der Sommer ist gut zu uns. Besonders heute.

Sommer. Substantiv. Die Jahreszeit zwischen Frühling und Herbst. Die wärmste Zeit im Jahr.

Sommer ist ein großes Wort. Sommer ist so viel mehr. Sommer ist alles erleben, worauf man die letzte Zeit gewartet hat. Sommer ist draußen sein, am besten niemals allein und immer unterwegs. Sommer ist der große Urlaub, die Pause. All das kann der Sommer sein. Muss es aber nicht.

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„Ich wünsche dir einen schönen Sommer“, kann auch Angst machen. Angst davor, all diese Erwartungen nicht zu erreichen, nicht einen wunderschönen, erlebnisreichen Sommer zu haben.

Und dass ich gerade behaupte, der Sommer ist gut zu uns, macht mich sehr glücklich. Denn ich hatte verdammt nochmal Angst vor diesem Sommer. Hatte Angst vor all diesen Möglichkeiten, der übertrieben guten Laune und dem angeblichen Vakuum der Probleme. Das alles, weil der letzte Sommer so verdammt beschissen war.

Und dann kam dieser Sommer unaufhaltsam auf mich zu gerollt. Und plötzlich war er gut zu mir, er war sanft und fast so, als ob er sich für den letzten entschuldigen wollte. Dieser Sommer war anders. Irgendwie ruhiger, gelassener. Ein bisschen so, so dass ich Zeit hatte, mich wieder an den Sommer zu gewöhnen. Dieser Sommer war erholsam und ich glaube, der Sommer und ich sind wieder Freunde.

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Jetzt neigt der Sommer sich dem Ende zu und ich möchte kurz auf Pause drücken, den Sommer noch nicht zurücklassen. Nicht all die Erinnerungen, Gespräche und Gefühle verblassen lassen. Nur noch kurz warten, bis ich das Salzwasser von meiner Haut abspüle. Noch einen letzten Blick auf das Meer werfen. Nur noch kurz verblendet vor Euphorie durch die Stadt düsen.

Es ist das Gefühl, die Tage im Bikini und mit Salzwasser in den Haaren zu verbringen. Das Gefühl von Freiheit. Genau das möchte ich einfangen und mit in den Herbst nehmen.

Und dann feiern wir den letzten heißen Tag, spazieren an der Alster, erzählen und fühlen ein letztes mal das Gefühl dieses einzigartigen Sommers, denn schon der nächste Sommer wird ganz anders und das ist gut.

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